Liebe Leserin, lieber Leser,
liebe Reisefreunde!
Reisen bildet nicht nur, Reisen erdet auch – zumindest jedenfalls eine Reise nach Nepal!
Verglichen mit den Verhältnissen, wie die Nepali leben, leben wir auf der sprichwörtlichen Insel der Glückseligkeit.
Ich war mit unserer Wandergruppe im November nach vielen Jahren wieder einmal in diesem kleinen Land am Himalaya und wurde – wie auch der Rest des Grüppchens – ziemlich schnell geerdet. Zwar war allen bekannt, dass Nepal zu den ärmsten Ländern der Welt gehört, der Kulturschock blieb aber trotz Vorbereitung nicht aus. Vor allem der Moloch Kathmandu hat uns im wahrsten Sinn des Wortes den Atem geraubt. Auf- und durchatmen konnten wir dagegen in den Bergregionen. Hier haben wir ein Nepal vorgefunden, in das man sich verlieben muss. In einem kleinen Tagebuch habe ich ein paar Eindrücke für Sie zusammengefasst.
Viel Spaß beim Lesen!
Mit herzlichen Grüßen
Brigitte Matok
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...dabei ist alles so gut gelaufen! Und jetzt sitzen wir am Flughafen in Kathmandu und kommen nicht weg! Unser Abflug um 9.50 Uhr nach Muscat ist verspätet, sagt die Anzeigetafel. Wie lange, warum – keine Info, nur bedauerndes Schulterzucken. Irgendwann heißt es, wir fliegen um 13 Uhr, dann schickt uns eine Durchsage zum Mittagessen. Ok, das mit 13 Uhr klappt also nicht. Unser Anschluss von Muskat nach München ist sowieso schon futsch, das wir spannend. Schade, dass die Tour so endet, denn bisher lief alles ziemlich nach Plan...
Tag 1
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Wir – ein Grüppchen von 8 Frauen und Walter, unserem „Hahn im Korb“ - landen fast pünktlich nachmittags in Kathmandu. Unser Reiseleiter Bikram legt jedem zur Begrüßung einen Schal um die Schulter – nette Geste! Die Fahrt zum Hotel ist eine erste Herausforderung – vor allem für diejenigen, die zum ersten Mal überhaupt in Asien sind. Chaotischer Verkehr, ein Gewusel aus Autos, Lastwagen, Bussen und Motorrädern, dazwischen spazieren Kühe über die Straßen, marode Häuser und Hütten, überall Staub und Dreck - das kann ja heiter werden.
Erleichterte Blicke dann bei der Einfahrt zum Hotel Himalaya: das sieht ja gut aus, westlicher Standard inmitten des Chaos! Beim Abendessen dann ein erster Vorgeschmack auf nepalesisches Essen. Sehr lecker!
Tag 2
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Heute fahren wir nach Pokhara, nach dem Kathmandu-Tal das zweite Touristenzentrum in Nepal. Die 180 km lange Fahrt soll ca. 7 Stunden dauern. Das war vor 20 Jahren nicht anders, erinnere ich mich! Der Kulturschock von gestern wird bei dem Gerumpele heraus aus Kathmandu noch getoppt. „Ich will wieder heim“ – höre ich von hinten. Armut, wohin man auch blickt! Nach ca. 2 Stunden lasse ich mir von Bikram auf der Karte zeigen, wo wir sind. Upps, gerade mal einen Centimeter von der Strecke geschafft, mindestens 15 cm liegen noch vor uns. Aber jetzt wird die Landschaft schöner, viel Grün, Terrassenfelder, Hügel, Dörfer an der Strecke.
Die Straße ist zwar immer noch eine Katastrophe, aber zwischendurch schafft unser Busfahrer Chandra auch einmal 40 km/h, so dass wir nach 7 Stunden tatsächlich unser Ziel erreichen: den Begnas See kurz vor Pokhara. Per Boot gleiten wir über den See zu unserem Resort - welche Wohltat nach der Holperstrecke! Das Resort zieht sich vom Ufer des Sees den Hügel hinauf, die Zimmer sind auf kleine Häuschen verteilt, das Hauptgebäude mit Restaurant liegt oben am Hang. Eine schöne Anlage, nur mit dem heißen Wasser hapert es manchmal. Aber das ist ein gutes Training für unser Schnuppertrekking...
Tag 3
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Eine Eingehwanderung zum Aussichtspunkt Begnaskote ist heute angesagt. Unser Weg führt vorbei an Gemüse- und Reisfeldern, wir beobachten Bauern beim Dreschen, ab und zu begleiten uns Kinder und Hunde, wir bewundern übermannshohe Christsterne, leuchtend violette Bougainvillea oder riesige Bananenstauden und spüren trotz aller Einfachheit der Verhältnisse eine Zufriedenheit der Menschen. Nach etwa 3 Stunden sind wir am Ziel.
In der Ferne sehen wir zum ersten Mal die Riesen: Annapurna-Süd, den Fischschwanz und noch einiges mehr. Am Abend macht sich leichte Aufregung breit, denn morgen beginnt unser Trekking. Wird es schwierig, schaffen es alle, was erwartet uns, was mitnehmen, was in der Lodge lassen - denn wir kommen hinterher für eine Nacht zurück - wir sind alle gespannt! Ein schwacher Versuch von Elke, nicht mitzugehen, wird im Keim erstickt.
Tag 4
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Bevor es los geht, drehen wir noch eine kurze Runde durch Pokhara: Eine Höhle, ein Wasserfall, der Phewa-See -mehr gibt es da nicht zu sehen. Hier nehmen wir auch unsere Mannschaft auf, 3 Träger und 2 Sherpas, und fahren dann zusammen bis Phedi, dem Ausgangspunkt unseres Treks. Beim Anblick der steilen Treppen gleich zu Beginn des Weges macht sich bei einigen leichtes Entsetzen breit. Aber es gibt kein Zurück! Die Träger schnüren unsere Taschen zusammen, ein erstes Gruppen-foto, und los geht's - über unzählige Stufen ziemlich stetig steil bergauf. Unsere Pumpe bekommt kräftig zu tun!
Nach etwa 2 Stunden erreichen wir am frühen Nachmittag unsere Lodge in Dhampus. Hunger! Die Speisekarte ist riesig, auswählen dürfen wir aber nur 2 Gerichte, um die Küche nicht zu überfordern. Na gut, Reis und Nudeln, eins von beidem schmeckt jedem! Wir sind auf die Zimmer gespannt und freuen uns, dass sogar jedes ein eigenes Bad haben soll! Beim Inspizieren derselbigen schlucken wir dann etwas. Sehr spartanisch, um es einmal höflich auszudrücken.
Ok, dann heute eben keine Dusche! Wir organisieren, was es an Decken gibt (nachts soll es kalt werden), kümmern uns um das WLAN-Passwort – man muss ja schließlich den Kontakt zu der Außenwelt halten – und sehen uns dann in der Umgebung um. Ich habe im übrigen schon lange nicht mehr mit langer Unterhose, T-Shirt, Socken und Kapuzenpulli geschlafen. Und das nicht mal schlecht...
Tag 5
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Vom Dach der Lodge bietet sich ein wunderbarer Blick auf die Bergkette mit den schneebedeckten Sieben- und Achttausendern - wenn das kein schöner Einstieg in den Tag ist! Nach dem Frühstück mit Pancakes oder Gurung-Brot (sieht aus wie „Ausgezogene“) wandern wir los. Der Weg führt langsam aber stetig durch fast urwaldähnliche Landschaft hinauf zum Deoralipass und anschließend wieder bergab bis Landrung. Knapp 1.000 Höhenmeter legen wir heute zurück, fast 8 Stunden sind wir unterwegs.
Dazwischen legen wir in einem kleinen Restaurant am Weg eine Mittagspause ein: Reis und Nudeln! In Landrung dann wieder die spannende Frage: Wie sehen die Zimmer aus? Spartanisch! Wir unterhalten uns über Icebreaker Funktionsshirts, die sogar nach mehreren Wochen ohne Dusche nicht riechen sollen. Dann wollen wir das mal testen, ich trage nämlich so ein Shirt! Heute abend lernen wir unserem Bikram das Lügen! Wir würfeln, was das Zeug hält und haben jede Menge Spaß. Vor allem, weil sich Bikram ständig entschuldigt, wenn er beim Lügen erwischt wird....
Tag 6
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Frühstück, packen, Abmarsch – und das schon kurz nach 08.00 Uhr! 500 m bergab zum Fluss Modi Khola, 800 m bergauf nach Gandrung. Schwer ist der Weg nicht, aber er hat unendlich viele Stufen. Elke, unsere Kleinste, muss manchmal ganz schön klettern, aber unser Sherpa Dendi hat immer eine helfende Hand, wenn es mal gar zu steil wird!
Am frühen Nachmittag kommen wir in der Lodge an. Die Zimmer - dieses Mal ohne Bad - sind noch einen Tick spartanischer als an den vergangenen beiden Tagen. Aber mittlerweile sind wir abgebrüht... Am Nachmittag spazieren wir durch das Dorf, den Abend verbringen wir mit Kniffeln. Wir sind eine lustige Runde und ernten manch vorwurfsvollen Blick von den Nebentischen. Nur kein Neid...
Tag 7
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Abstieg! Ein letzter Blick auf Annapurna Süd, die heute schöner als je zuvor vor uns steht, und los geht’s. Zuerst wieder ewig lang über Stufen, später dann auf einem Schotterweg bis nach Nyapool, dem Endpunkt unseres kleinen Treks.
Als wir unseren Bus sehen, sind wir glücklich! In Pokhara verabschieden wir uns von unseren Trägern und Sherpas: Trinkgeldübergabe, Erinnerungsfotos, Händeschütteln - es war eine tolle Begleitmannschaft. Zurück im Resort am Begnas See laufen nach dem Mittagessen die Duschen heiß – die meisten jedenfalls! Das Problem mit dem heißen Wasser sollten sie hier noch in den Griff bekommen....
Tag 8
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06.00 Uhr Frühstück, 07.00 Uhr Abfahrt – so sieht wahrer Urlaub aus! Aber wir haben die Rüttelstrecke zurück ins Kathmandu-Tal vor uns - und die braucht wieder jede Menge Zeit, Geduld und Sitzfleisch! Am späten Nachmittag erreichen wir Bhaktapur, gepriesen als schönste Stadt im Kathmandu-Tal. Bei unserem Spaziergang sehen wir Paläste und Tempel mit kunstvollen Holzschnitzereien, wir sehen aber auch, dass das Erdbeben vor zwei Jahren deutliche Spuren hinterlassen hat. Der Aufbau ist im Gange, aber das dauert...
Unser heutiges Hotel, das Hotel Heritage am Rande der Altstadt, ist klasse! Vor 5 Jahren erbaut, mit Antiquitäten im traditionellen Stil ausgestattet. Richtig unwirklich, wenn man von draußen kommt!
Tag 9
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Sightseeing ist heute angesagt! Wir fahren nach Patan und spazieren zum Durbar Square, dem Hauptplatz der Stadt mit seinen Tempeln, Statuen, Höfen und Marktständen. O weh o weh, auch hier sind die Erdbebenschäden noch vielerorts zu sehen. Einige Gebäude sind nach außen völlig unversehrt, einige sind komplett eingerüstet. In einem Geschäft für Klangschalen dürfen wir deren Wirkung erleben. Sehr elegant ist natürlich die Schale über dem Kopf....
Wir besuchen den Stupa von Bodnath, Nepals größtes buddhistisches Heiligtum, und genießen geradezu die gepflegte Anlage. Welch eine Wohltat! Dagegen nimmt uns dann der Tempelkomplex von Pashupatinath, Nepal wichtigstes hinduistisches Heiligtum, ganz schön mit. Beim Anblick der Leichen, die hier am Ufer des Bagmati nach einem bestimmten Ritus verbrannt werden, wird uns ganz anders....
Das Abendessen gibt es heute im Rahmen eines nepalesischen Abends mit Musik und Tanz. Na ja...
Tag 10
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Um 7.00 Uhr sind wir am Flughafen und freuen uns auf Zuhause...
....tja, und da sitzen wir nun schon seit 7 Stunden bis endlich klar wird: Flug gestrichen! Das heißt für alle: zurück in Hotels, morgen neuer Anlauf. Nicht aber für unser Grüppchen!! Wir haben Riesendusel, kommen dank unserer Business-Fliegerin Jutta heute noch weg und mit 14-stündiger Verspätung in München an. Aber das wäre jetzt eine eigene Geschichte!
Fazit
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Die Reise war definitiv ein Erlebnis - Kulturschock hin oder her. Aber Nepal ist nun mal kein „einfaches“ Reiseland! Wer in die Berge will, muss einiges ertragen. Und genau das hat die Gruppe getan – mit Gelassenheit, Toleranz und auch einer guten Portion „Leidensfähigkeit“. Und das war für mich das Highlight der Reise!